Großstädte boomen. Das führt nicht nur zu Engpässen bei Wohnungen, sondern auch bei Büroimmobilien. Und das Angebot schrumpft weiter und gefährdet somit das Unternehmenswachstum.
Die Konjunktur läuft gut, Unternehmen suchen nach neuen Mitarbeitern und passenden Büroräumen – werden aber immer seltener fündig. Die Knappheit von Büroflächen hat sich in Deutschland im vergangenen Jahr weiter verschärft und auch für 2018 ist keine Entspannung in Sicht. Während die Politik vor allem überlegt, wie der Bau von Wohnungen forciert werden kann, sind Büroimmobilien aus dem Fokus geraten. Für viele Städte vor allem in den Ballungsgebieten ist das zunehmend ein Problem.
Wie sehr sich die Situation zugespitzt hat, das zeigt das Frühjahrsgutachten des Rates der Immobilienweisen, das am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Bundesweit kam es 2017 zu einem starken Einbruch der Fertigstellungszahlen von Büroflächen, heißt es darin. Lediglich 1,6 Millionen Quadratmeter Neubaufläche seien insgesamt in den 127 untersuchten Büromärkten in Deutschland fertiggestellt worden, ein Minus von 16,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders stark, so das Gutachten, gingen die Neubaufertigstellungen in den sieben größten Städten Berlin, München, Hamburg, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf zurück – nämlich um 27,1 Prozent.
Der Leerstand verringerte sich im siebten Jahr in Folge. Die Standorte München sind mit 1,9 Prozent Leerstand, Stuttgart mit 2,1 Prozent und Berlin mit 2,4 Prozent praktisch vollvermietet. Die Büromärkte in Köln und Hamburg steuern auf die 3,0 Prozent-Grenze für Vollvermietung zu.
Andreas Schulten, Vorstand der Bulwiengesa AG, der im Frühjahrsgutachten die Entwicklung der Büro-, Unternehmens-, Logistik- und Hotelimmobilien analysiert, mahnt, zügig gegenzusteuern. „Wir müssen dringend Bürogebäude bauen“, sagte er. „Wir brauchen diese Büroflächen, um Arbeitsplätze zu schaffen.“ Städte müssten vorsorgen. „Die zunehmende Büroverknappung kann deutliche Konsequenzen für die wirtschaftliche Entwicklung der Städte bedeuten“, sagte Schulten.
Unternehmenswachstum in Gefahr aufgrund von mangelnden Büroflächen?
Unternehmen könnten gezwungen sein, bestehende Expansionen zu verschieben oder neue Flächen an anderen Standorten anzumieten. „Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist eine Büroverknappung ein gefährliches Signal. Die Politik sollte entsprechend darauf reagieren und ihren bislang bestehenden Fokus auf Wohnimmobilien entsprechend erweitern.“
2018 rechnen die Immobilienweisen mit einer weiteren Flächenverknappung über fast alle Sektoren hinweg. Trotz niedriger Abrissquoten dürften die noch geringen Fertigstellungsvolumen die hohe Nachfrage kaum in Gänze bedienen können, heißt es im mehr als 300 Seiten umfangreichen Gutachten. Damit dürfte sich der Leerstandsabbau in den meisten deutschen Bürostandorten weiter fortsetzen. Mieten und Preise werden damit weiter steigen.
Deutlich zu erkennen ist laut der Immobilienweisen eine hohe Nachfrage nach modernen Flächen in neuen beziehungsweise noch im Bau befindlichen Objekten. Mieter legten deutlich mehr Wert auf Ausstattungsstandards. Objekte, heißt es, fungierten als Markenbotschafter. Das Erscheinungsbild von Gebäude und Arbeitsplatz unterstütze das Unternehmen bei der Kundenansprache wie auch im Kampf um hochqualifizierte Mitarbeiter.
Gleichzeitig erhöhen sich die Erwartungen an die technische Ausstattung. So genannte Smart Buildings etwa mit Sensoren für die digitale Messtechnik für den Energieverbrauch werden wichtiger, um laufende Bewirtschaftungskosten zu senken. Unternehmenswachstum in Gefahr.
Büroimmobilien stehen jedoch nicht nur mit Wohnimmobilien im Wettbewerb. Auch Unternehmensimmobilien, vor allem in urbanen Gebieten, sind sehr gefragt und konkurrieren mit sämtlichen anderen Nutzungsarten in der Stadt. Den Immobilienweisen scheint es darum sinnvoll zu sein, künftig stärker an mischgenutzte Immobilien zu denken. Eine gut durchmischte Stadt mit gewerblichen Nutzungen jenseits von Büros könne durchaus attraktiv sein, heißt es. Das zuletzt von der Bundesregierung geschaffene Urbane Gebiet greife das Thema auf – aber zu kurz.